Eine Frau und ein Mann kommen spontan zu uns und gleich auf den Punkt: "Ich möchte zwei Plätze reservieren - mein Mann wird bald sterben" sagt die Frau.
Ich zögere. Und frage dann ihn, der sich gleich hingesetzt hat. "Geht es um Sie?"
Er schweigt und schaut mich an.
"Ja", sagt die Frau. Das ist mein Mann. Wir kommen vom Ergebnis der Untersuchung: Noch 3 Wochen, vielleicht noch 3 Monate hat mein Mann. Krebs im Endstadium."
Selten hat jemand den Grund einer Reservierung so offen und ohne Visier ausgesprochen. Und selten habe ich von Ärzten gehört, die so brutal das Unausweichliche aussprechen.
Das Ehepaar war jedenfalls völlig fertig. Sie hatten gerade einen wunderbaren Urlaub hinter sich, ohne Anzeichen irgendeiner Erkrankung. Und dann ein Schwindel, eine Untersuchung, ein Todesurteil.
Ich versuche das Gespräch mit einer Bemerkung in eine andere Richtung zu lenken:
"Manche" sage ich "verlieren ihren Partner während er woandes ist oder über Nacht - ohne sich verabschieden zu können."
Das war ein gutes Stichwort:
"Wir werden nur noch schöne Sachen machen", sagt der Mann jetzt. "Solange es noch geht."
Ich schaue heute zufällig auf ihr Vertragsdatum: Der Besuch der beiden ist mehr als 5 Monate her. Ich habe sie nie wieder gesehen.
Vielleicht hatte der Arzt einen schlechten Tag bei seiner Diagnose. Und vielleicht haben die beiden die Zeit gut genutzt und noch weitere gemeinsame schöne Tage oder Wochen vor sich. Vielleicht geht immer noch was.
Stefan Schuster